Leitfaden: K.O.-Mittel - Tipps zur Vorbeugung und Vermeidung
Die VCC unterstützt die Kampagne "Ist eh alles O.K.? Nichts ist O.K. bei K.O.-Tropfen." des 24-Stunden Frauennotrufs Wien (MA 57) und möchte mit einem Leitfaden darüber aufklären, was K.O.-Mittel sind, wie du dich davor schützen kannst und was du tun kannst, wenn du vermutest, Opfer geworden zu sein.
Kampagne "Nichts ist O.K. bei K.O.-Tropfen."
K.O.-Mittel (K.O.-Tropfen, auch GHB, GBL, Liquid X, G-Juice, G, Soap, etc.) sind verschiedene flüssige oder pulverartige Substanzen, die schnell betäubend wirken. Sie werden meistens in ein Getränk geträufelt und sind farb- und geruchlos. Der leicht bittere, salzige oder seifige Beigeschmack ist in Mixgetränken kaum wahrnehmbar.
K.O.-Mittel können von Fremden, soeben gemachten Bekanntschaften, aber auch von vermeintlichen Freunden verabreicht werden. Sie machen manipulierbar und wehrlos. Mitunter werden K.O.-Mittel gezielt bei sexuellen Übergriffen eingesetzt, beispielsweise um eine betroffene Person zu vergewaltigen.
Die Kampagne "Ist eh alles O.K.? Nichts ist O.K. bei K.O.-Tropfen" des 24-Stunden Frauennotrufs Wien (MA 57) klärt darüber auf, was K.O.-Mittel sind, wie du dich davor schützen kannst und was du tun kannst, wenn du vermutest, Opfer geworden zu sein.
K.O.-Mittel und ihre Wirkung
- K.O.-Mittel wirken unterschiedlich schnell und unterschiedlich lange.
- Sie verändern die Wahrnehmung.
- Je nach Dosierung können sie die Bewegungs- und Handlungsfähigkeit einschränken.
- Sie können zu Beginn euphorisierend wirken und in höheren Dosierungen schließlich zu einem tiefen, komaartigen Schlaf bis hin zur Bewusstlosigkeit und zum Tod führen.
Anzeichen für eine Vergiftung durch K.O.-Mittel sind:
- Plötzlicher Schwindel und Übelkeit
- Wahrnehmungsschwierigkeiten
- Bewusstseinstrübung, Dämmerzustand ("Gefühl, wie in Watte gepackt")
- Willenlosigkeit
- Eingeschränkte Beweglichkeit bis hin zur Regungslosigkeit
- Erinnerungslücken bis hin zur Amnesie
- Euphorie (anfänglich)
Nachwirkungen
Der Konsum von K.O.-Mitteln wird Opfern meist erst im Nachhinein bewusst. Sie erwachen zu Hause oder an einem fremden Ort und wissen nicht, wie sie dorthin gekommen sind. Betroffene fühlen sich, als wären sie extrem "verkatert" und matt. Noch länger können sie unter körperlichen Beschwerden wie Erbrechen, Kopfschmerzen oder Schwindel leiden.
Betroffene wissen häufig nicht, was geschehen ist sowie ob oder in welcher Form und von wem ihnen möglicherweise Gewalt angetan wurde. Oft gibt es nur ein vages Gefühl, dass es zu einem sexuellen Übergriff oder zu einer Vergewaltigung gekommen sein könnte. Anzeichen für körperliche oder sexuelle Übergriffe sind zum Beispiel Blutergüsse, zerrissene oder fehlende Kleidung, Schmerzen im Unterleib oder Spermaspuren.
Für Betroffene ist es sehr belastend, mit Gedächtnislücken und der bleibenden Unsicherheit zu leben und nur vage Fantasien über das Geschehene zu haben. Beratende Gespräche können weiterhelfen.
Unterschiedliche Substanzen und ihre Merkmale
Als K.O.-Mittel können unter anderem folgende Substanzen zum Einsatz kommen:
GHB und GBL (auch bekannt als "Liquid Ecstasy", "Liquid E", "Liquid X", "Soap" oder "G")
- GHB (Gamma-Hydroxybuttersäure) ist eine Droge, die dem Suchtmittelgesetz unterstellt ist. Besitz, Verkauf und Weitergabe sind verboten. GHB gibt es als Salz und in farbloser flüssiger Form. Die Substanz hat einen salzigen bis seifigen Geschmack.
- GBL (Gamma-Butyrolacton) wandelt sich im Körper eigenständig fast 1:1 zu GHB um. Es unterliegt nicht dem Suchtmittelgesetz, jedoch dem Neue Psychoaktive Substanzen Gesetz (NPSG). Konkret ist die Erzeugung, die Ein- und Ausfuhr sowie die Überlassung und Verschaffung (Weitergabe) dieser Substanz, um daraus einen Vorteil zu ziehen, verboten. GBL wird hauptsächlich als Lösungsmittel in der Industrie eingesetzt und für zahlreiche chemische und pharmazeutische Prozesse benötigt. Es ist in der Regel flüssig und farblos, der Geruch unangenehm, schwach lösungsmittelartig, jedoch nicht beißend. Der leicht salzige und seifige Geschmack von GBL wird oft vom Eigengeschmack der Getränke überdeckt, in die es gegeben wird.
Ketamin
Ketamin wird als Schmerz- und Narkosemittel in der Tiermedizin und in der Notfallmedizin angewendet.
Benzodiazepine
Hinter der Medikamentengruppe der Benzodiazepine verbergen sich unterschiedliche rezeptpflichtige Beruhigungsmittel und Psychopharmaka, zum Beispiel Flunitrazepam (Handelsname: Rohypnol), Alprazolam (Handelsname: Xanax) oder Diazepam (Handelsname: Valium).
Weitere Stoffe
Neben den genannten Stoffen gibt es noch viele weitere Medikamente, die als K.O.-Mittel missbraucht werden können.
Tipps zur Vorbeugung und Vermeidung
- Die Schuld an der Verabreichung der K.O.-Mittel trägt immer der/die Täter.
- Denke daran, dass die Täter sowohl Fremde, neue Bekanntschaften, aber auch angebliche Freund*innen sein können.
- Lass deine Getränke nie unbeaufsichtigt stehen!
- Vereinbare mit Freund*innen, gegenseitig auf eure Getränke aufzupassen.
- Nimm keine offenen Getränke von fremden Personen an.
- Nimm Getränke-Einladungen nur an, wenn du den Weg des Glases von der Schank bis in deine Hand verfolgt hast.
- Vereinbare Dates mit unbekannten Online-Bekanntschaften immer an öffentlichen Orten, die du gut kennst, und informiere eine Vertrauensperson.
- Vertrau deinem Instinkt und Bauchgefühl. Wenn du dich in einem Lokal, Club oder auf einer privaten Party nicht wohlfühlst (dies könnte ein 1. Symptom sein), wende dich an Freund*innen, informiere sie oder verlasse das Lokal, den Club oder die Party lieber. Das Lokal, der Club oder die Party alleine zu verlassen, ist aber nicht ungefährlich, da die Täter oft draußen vor dem Lokal als Hilfe anbietende Personen bereits auf die beeinträchtigte Person warten und ihnen anbieten, sich bei ihnen auszuruhen oder sich um sie zu kümmern.
- Wende dich bei plötzlichem Schwindel, Übelkeit oder einer dir unbekannten enthemmenden Wirkung an eine Vertrauensperson und bitte diese, bei dir zu bleiben.
- Wenn du alleine unterwegs bist und Hilfe brauchst, wende dich an das Barpersonal/Security.
- Rufe im Zweifelsfall die Polizei unter 133 oder die Rettung unter 144.
- Wenn du den Verdacht hast, dass dir K.O.-Mittel verabreicht wurden, zögere nicht und habe keine Scham. Du trägst keinerlei Schuld. Handle schnell, bevor die volle Wirkung der Substanzen einsetzt.
- Auch wenn du die verbotenen Substanzen freiwillig eingenommen hast, machen sich Personen, die diesen Zustand ausnutzen, strafbar.
- Wenn du glaubst, Opfer von K.O.-Mitteln geworden zu sein und eine Anzeige bei der Polizei erwägst, beachte die Tipps für die Strafverfolgung der Täter.
Wenn du etwas Verdächtiges beobachtet hast
- Informiere die betreffende Person umgehend über deine Beobachtung.
- Informiere das Barpersonal beziehungsweise die Polizei unter 133.
- Lass eine Person, die sich eigenartig verhält, niemals alleine.
- Wenn eine Person nicht mehr ansprechbar oder bewusstlos ist, rufe sofort die Rettung unter 144.
- Beachte, dass eine Person unter dem Einfluss von K.O.-Mitteln auf Außenstehende wie unter starkem Alkoholeinfluss (seltener auch wie unter dem Einfluss von aufputschenden Drogen) wirken kann.
Strafrechtliche Verfolgung von Tätern
Das Verabreichen von Betäubungsmitteln ist Gewalt und strafbar. Wenn du vermutest, Opfer von K.O.-Mittel-Verabreichung und gar eines darauf folgenden sexuellen Übergriffs geworden zu sein und du eine Anzeige bei der Polizei erwägst, beachte folgende Punkte:
- Wenn du den Verdacht hast, dass dir K.O.-Mittel verabreicht wurden, handle so schnell wie möglich. Du kannst jederzeit den 24-Stunden Frauennotruf unter der Telefonnummer +43 1 71719 anrufen. Dort erhältst du unmittelbar Beratung für die Planung weiterer Schritte.
- Fahre sofort in ein Krankenhaus - zum Beispiel in das Allgemeine Krankenhaus Wien (AKH) - oder rufe die Rettung unter 144. Informiere das Rettungs- oder Krankenhauspersonal über deinen Verdacht. Wichtig ist eine möglichst rasche Probenahme von Blut und Harn und die damit in Zusammenhang stehende Dokumentation.
- Auch wenn du noch nicht weißt, ob du eine Anzeige machen willst, ist es vorerst wichtig für ein allfälliges Strafverfahren, Blut- und Harnproben sichern zu lassen. Du kannst dann in Ruhe eine Entscheidung treffen.
- Du hast jedenfalls die Möglichkeit, auf eigene Kosten eine Analyse und korrekte Aufbewahrung in einem spezialisierten Labor vornehmen zu lassen. Die Probenabnahme erfolgt im Krankenhaus. Du kannst dich rund um die Uhr zu Fragen betreffend Probenabnahme, Analyse und Kostentragung beim 24-Stunden Frauennotruf unter der Telefonnummer +43 1 71719 informieren.
- Ein Nachweis von K.O.-Mitteln in Körperflüssigkeiten ist, je nach Wirkstoff, mitunter weniger als 1 Tag lang nach dem Vorfall möglich. Der 24-Stunden Frauennotruf rät aber auf jeden Fall auch nach dieser Zeit zu einer Blut- und Harnabnahme im Krankenhaus. Möglicherweise waren in der verabreichten Drogenmischung Substanzen enthalten, die längere Zeit nachweisbar sind.
- Sprich mit Freund*innen, die mit dir unterwegs waren. Möglicherweise haben diese Beobachtungen gemacht, die sie als Zeug*innen bei der Polizei aussagen können.
- Ein Gedächtnisprotokoll von den Ereignissen, an die du dich noch erinnern kannst, kann für zukünftige Vernehmungen hilfreich sein. Auch mögliche Zeug*innen sollten ein Gedächtnisprotokoll verfassen.
- Wende dich an den 24-Stunden Frauennotruf unter der Telefonnummer +43 1 71719 oder an eine andere Frauenberatungsstelle oder Opferschutzeinrichtung, um dich psychologisch beraten und bei allen weiteren strafrechtlichen Schritten juristisch unterstützen zu lassen.
Weitere Informationen
Für mehr Informationen über die Kampagne besuche die Seite Kampagne Stadt Wien "Nichts ist O.K. bei K.O. Tropfen".
Dieser Leitfaden wird laufend erweitert. Solltest du von einer Maßnahme und Hilfeservice gehört haben, die hier nicht aufgeführt ist, schreib uns bitte an info@viennaclubcommission.at.