06 Gewerbe und Gastronomie
Der Open Air Guide der Vienna Club Commission und der IG Kultur Wien macht es Veranstalter*innen einfacher unter freiem Himmel zu veranstalten. Darin sind Praxistipps und wichtige Vorschriften enthalten. In Kapitel 6/8 bekommst du Infos zu Gastronomie und Gewerbe.
Inhalt

06.1 Einleitung
Ein Open Air ohne Getränke ist kaum denkbar. Allerdings sollte beim Getränkeausschank und generell bei gastronomischen Tätigkeiten einige Grundlagen beachtet werden, denn Fehler passieren schnell und die können teuer werden. Deswegen werden wir euch kurz einige essenzielle Schritte skizzieren.
Vorab solltet ihr bedenken, dass das Betreiben von Gastronomie zwar eine gute Möglichkeit zum Erzielen von Umsätzen ist, dies aber auch an allerhand Auflagen sowie Logistik- und Personalmanagement-Kenntnisse gebunden ist.
Praxistipp: Solltet ihr gar keine Ahnung haben, wäre es ratsam, dass ihr euch eine*n Partner*in mit einem Gastronomiegewerbeschein an Bord holt, die*der für euch die Organisation und die Durchführung der Gastronomie übernimmt.
Eure Einnahmen werden nicht unbedingt weniger sein, da Fachleute auf kompetente und effiziente Strukturen sowie Erfahrung zurückgreifen und somit den Umsatz eher steigen als fallen lassen. Für euch bedeutet das weniger Aufwand und Risiko.
06.2 Gewerberordnung
Das Organisieren von Veranstaltungen stellt ein freies Gewerbe dar.
Das heißt, dass es für die Anmeldung eines Veranstaltungsgewerbes lediglich eine Anmeldung bei der Gewerbebehörde braucht. Ein freies Gewerbe benötigt zum Anmelden lediglich die Einhaltung der allgemeinen Voraussetzungen und es braucht keine speziellen Nachweise oder ein Befähigungsnachweis.
Grundsätzlich unterliegt die Verabreichung von Speisen und Getränken der Gewerbeordnung.
Dementsprechend braucht es ein angemeldetes Gewerbe, sei es als Verein oder als GmbH.
Außerdem muss ein*e gewerberechtliche*r Geschäftsführer*in bestellt und betriebsanlagenrechtliche Vorschriften müssen eingehalten werden. Der*Die gewerberechtliche Geschäftsführer*in braucht zur Anmeldung einen Befähigungsnachweis, sprich eine Gastgewerbeberechtigung. Um diese zu erlangen, muss eine Gastgewerbebefähigungsprüfung abgelegt werden. Die Prüfung kann durch ein erfolgreich bestandenes Bachelorstudium umgangen werden und die Gewerbebefähigung kann ohne Prüfung beantragt werden. Ebenso müssen die folgenden persönlichen Voraussetzungen erfüllt werden.
- Eigenberechtigung
Diese ist grundsätzlich mit dem Erreichen der Volljährigkeit (mit Vollendung des 18. Lebensjahres) gegeben. - Österreichische Staatsbürgerschaft, Staatsbürgerschaft eines EU- oder EWR-Landes bzw. Gleichstellung sonstiger Ausländer*innen
- Fehlen von Ausschlussgründen
Ausschlussgründe sind etwa gerichtliche Verurteilungen zu mehr als drei Monaten Freiheitsstrafe oder zu mehr 180 Tagessätzen Geldstrafe, Finanzvergehen oder Nichteröffnung des Konkursverfahrens mangels Vermögen, Verurteilungen nach den § 28–31 Suchtmittelgesetz, solange diese noch nicht aus dem Strafregister getilgt sind.
Hinweis: Eine Ausnahme stellen Vereine dar. Sie dürfen im Rahmen von Veranstaltungen gewerbliche Tätigkeiten ausführen, ohne dabei der Gewerbeordnung zu unterliegen, sofern diese Veranstaltungen eine Gesamtdauer von 72 Stunden im Jahr nicht überschreiten.
06.3 Registrierkassen
Unabhängig davon, ob bei einer Veranstaltung eure Bar der Gewerbeordnung unterliegt oder nicht, kann es sein, dass ihr registrierkassenpflichtig seid.
Sollte eure GmbH oder euer Verein mehr als 15.000 Euro Jahresumsatz und mehr als 7.500 Euro Barumsatz erzielen, seid ihr registrierkassenpflichtig.
Sollten eure Umsätze in den Jahren davor niedriger ausgefallen sein, seid ihr von der Registrierkassenpflicht befreit.
Es gilt jedoch zu beachten, dass es auch eine Belegerteilungsverpflichtung gibt. Das bedeutet, dass für jede Barzahlung ein Beleg erstellt und dem*der Kunden*Kundin überreicht werden muss.
Hinweis: Eine Ausnahme stellt die Kalte-Hände-Regelung (Umsätze im Freien) dar. Hier gilt die Jahresumsatzgrenze von 30.000 Euro, sofern die Umsätze zur Gänze im Freien erzielt werden.
Praxistipps:
- Manche Anbieter*innen haben kostengünstige Angebote für mietbare Registrierkassen. Es lohnt sich also im Zweifelsfall, Registrierkassen mitsamt Druckgeräten zu mieten, um möglichen Problemen in Bezug auf die Belegerteilungspflicht oder Umsatzgrenze entgegenzutreten.
- Bei Open Airs empfiehlt es sich, auf mobile Systeme, die schnell auf- und abgebaut werden können, zu setzen. So könnt ihr euch an die Wetterlage anpassen und die oft sehr teuren Geräte nach Veranstaltungsende schnell und sicher lagern.
- Die Software ist ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Wahl des Systems. Solltet ihr lediglich über den Tresen hinweg verkaufen, dann braucht ihr keine Software mit Tischverwaltung. Achtet hier auf einfache und intuitive Programme. Solltet ihr dazu spezifische Fragen haben, stehen euch unsere Berater*innen gerne mit Erklärungen und Empfehlungen zur Verfügung.

06.4 Personal/Arbeitsrecht
Beim Personal gilt es, darauf zu achten, dass die Anstellungsverhältnisse klar geregelt und alle ordnungsgemäß gemeldet sind. Es kann prinzipiell zwischen diesen Arbeitsverhältnissen unterschieden werden:
- Teil-/Vollzeitangestellte*r: kaufmännische Dienste, Büroarbeiten und höhere Dienste
- Teil-/Vollzeitarbeiter*innen: Kellner*innen, Fahrer*innen, Lagerarbeiter*innen, Bauarbeiter*innen
Der größte Unterschied zwischen Arbeiter*innen und Angestellten lag bis zum 01.01.2021 in den Kündigungsfristen, diese wurden allerdings mittlerweile angeglichen.
Mehr Informationen findet ihr bei der WKO Wien.
- Fallweise Beschäftigung
Kann angewendet werden, wenn ein*e Arbeitnehmer*in in unregelmäßiger Folge tageweise bei dem*der gleichen Arbeitgeber*in beschäftigt ist. Die Beschäftigung darf zusammengerechnet nicht länger als eine Woche sein.
Dieses Modell ist besonders für Open Airs interessant, da jeder Tag bis zur Geringfügigkeitsgrenze ausgezahlt werden darf. Lasst euch dennoch von eurem*eurer Steuerberater*in erklären, was ihr genau zu beachten habt.
- Geringfügig Beschäftigte
Dürfen im Kalendermonat maximal 475,86 Euro verdienen. Ab zwei geringfügig Beschäftigten muss der*die Arbeitgeber*in zusätzliche 16,4 Prozent auf die gesamten Löhne von geringfügig Beschäftigten als Dienstgeberabgabe ans Finanzamt entrichten. - Freier Dienstvertrag
Die jeweilige Person muss zwar durch den*die Arbeitgeber*in bei der Sozialversicherung gemeldet werden, allerdings hat die*der freie Dienstnehmer*in keine Bindung an Arbeitszeiten sowie Arbeitsort und ist auch keine Kontrolle durch den*die Dienstgeber*in gegeben. - Werkvertrag
Der*Die Auftragnehmer*in verpflichtet sich zur Erbringung eines Erfolges oder der Herstellung eines Werkes. Es muss also eine greifbarer Erfolg vorliegen, damit der*die Auftragnehmer*in ein Honorar verlangen kann.
Weiterführende Informationen zu den Beschäftigungsformen findet ihr bei der WKO Wien.
Diese Anstellungsverhältnisse unterscheiden sich grundsätzlich von Selbstständigen.
Selbstständige können ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen und dafür Honorare verlangen. Sie haben kein Angestelltenverhältnis und müsse nicht von dem*der Arbeitgeber*in bei der Sozialversicherung angemeldet werden.
Besonders häufig für selbstständige Tätigkeiten im Rahmen eines Open Airs sind Ton-, Licht- sowie Bühnentechniker*innen.
Manche Tätigkeiten, wie zum Beispiel das Kellnern, sind klar geregelt und dürfen nicht unter freiem Dienstvertrag oder Werkvertrag laufen. Kellner*innen sind immer Arbeiter*innen und unterliegen damit auch Kollektivverträgen.
Dienstverträge müssen also so aufgestellt werden, dass sie mindestens den Bedingungen der Kollektivverträge unterliegen, ansonsten sind sie ungültig.

06.5 Logistik
Unter Logistik wird eine betriebliche Funktion verstanden, die sich u. a. mit der Planung und Durchführung von z. B. Güter- und Personenströmen befasst. Beide Elemente sind für Veranstaltungen und Gastronomie relevant.
06.6 Getränkeausschank
Nachdem erklärt wurde, was bei Transport, Logistik und Personal zu beachten ist, werden wir hier kurz skizzieren, was sonst noch alles beim Getränkeausschank zu beachten ist.
Bei kleineren Veranstaltungen bis zu 200 Besucher*innen reichen Mehrweggebinde, sprich Pfandflaschen. Über Fässer, für zum Beispiel Bier und Wein, sollte erst bei größeren Veranstaltungen nachgedacht werden. Diese machen sich in solchen Fällen allerdings bezahlt.
Im Sinne der Richtlinien der Stadt Wien und der seit 2010 in Wien bestehenden Dachmarke ÖkoEvent sind Mehrweggebinde zu empfehlen.
Dementsprechend sollten beim Ausschank von Getränken aus Fässern Mehrwegbecher eingesetzt werden. Prinzipiell lohnt sich auch das Umfüllen der Getränke in Mehrwegbecher, um Glasmüll und Glasscherben auf dem Gelände zu vermeiden. Solltet ihr euch für Mehrwegbecher entscheiden, sollte auch ein Pfandsystem zum Einsatz kommen.
Laut § 10 des Abfallwirtschaftsgesetzes müssen bei Veranstaltungen mit über 1.000 Besucher*innen Mehrwegsysteme zum Einsatz kommen.
Dies gilt für Getränke wie auch für die Verabreichung von Speisen. Als Mehrwegsysteme gelten Gebinde (z. B. Becher, Flaschen, Fässer), die nach einer Reinigung erneut verwendet werden können. Im Gegensatz dazu stehen Einweggebinde, die nach einmaligen Gebrauch weggeworfen werden müssen (z. B. Einwegbecher und Einwegflaschen, aber auch Dosen).
Praxistipps:
- Solltet ihr euch für Fässer entscheiden, dann braucht ihr auch Zapfanlagen. Hier gilt es, zwischen Trocken- und Nasskühlern zu unterscheiden. Erstere brauchen immer Strom, da sie sonst nicht kühlen können. Nasskühler hingegen müssen mit Wasser gefüllt werden, welches dann so weit heruntergekühlt wird, dass es friert.
Sollte es zu Stromausfällen kommen, funktionieren die Nasskühler, sofern das Wasser zu Eis geworden ist, weiterhin. Bitte unbedingt bei dem*der Lieferanten*Lieferantin informieren, welche Art von Kühlgerät ihr geliefert bekommt und wie viel Kilowatt Strom dies verbraucht. - Es lohnt sich auch, Fässer an heißen Tagen kühl zu stellen, bevor ihr sie an die Zapfanlage anschließt. Sollte der Temperaturunterschied zu groß sein, kann es vorkommen, dass die ersten gezapften Biere nur aus Schaum bestehen.
- Da beim Getränkeausschank viel mit Flüssigkeiten hantiert wird, solltet ihr auf Sicherheit bei der Stromversorgung achten. Idealerweise wasserfeste Stromverteiler (Mehrfachstecker) benutzen und die am besten zusätzlich mit Mülltüten umwickeln und mit Duct Tape abkleben. Außerdem solltet ihr sie an Stellen fixieren, wo nichts daraufgestellt werden und niemand darüber stolpern kann.
- Legt euch eine Inventarliste an, wo ihr vor dem Event alles hineinschreibt, was ihr zusätzlich für einen ordentlichen Barbetrieb braucht.
Hier eine kleine Checkliste:- Küchenrolle
- Schwämme
- Mülltüten
- Mistkübel
- Flaschenöffner
- Korkenzieher
- Strohhalme aus Pappe oder anderen wiederverwertbaren Materialien
- 2-cl-Abmesser oder Messbecher mit 2 bzw. 4 cl
- Desinfektionsmittel
- Reinigungsmittel
- Eisboxen
- große Plastikkisten für Leergut
- Solltet ihr Shot-Becher brauchen, dann solltet ihr darauf achten, dass ihr welche kauft, die nicht zersplittern. So wird vermieden, dass die Grünflächen mit Plastiksplittern verschmutzt werden. Um zusätzlich zu verhindern, dass sie nachher überall verstreut herumliegen, könnt ihr Pfand verlangen.

06.7 Food-Trucks
Eine einfache Methode, um die Verpflegung der Gäste zu gewährleisten, sind externe Anbieter*innen, wie zum Beispiel Food-Trucks. Hier können wir allerdings nur allgemeine Tipps geben, worauf bei Open Airs zu achten ist, falls ihr beabsichtigt, Food-Trucks auf eurem Gelände stehen zu haben.
Solltet ihr also weitere Infos brauchen, könnt ihr euch auf der Seite der WKO zu Food-Trucks informieren.
06.8 Marktstände
Bei Marktständen gelten ähnliche Sicherheitsbestimmungen wie auch bei den Food-Trucks. Grundsätzlich sind diese aber weniger streng, da hier keine Lebensmittel verabreicht, geschweige denn zubereitet werden.
Wichtig ist auch hier, dass die Marktstände den Brandschutzverordnungen unterliegen und auf den Arbeitnehmer*innen-Schutz geachtet wird. Bei den Aufbauten solltet ihr also unbedingt darauf achten, dass diese konform zu den rechtlichen Auflagen auf dem Gelände sind.
Ähnliches gilt für Registrierkassen und die Belegerteilungspflicht. Um euch rechtlich abzusichern, sollten AGB (allgemeine Geschäftsbedingungen) ausgearbeitet werden, die das Verhältnis zwischen euch und den Betreiber*innen der Marktstände rechtlich festhalten.
Weiter geht es im Kapitel 07 - Wichtige Unterlagen