02 Wer bist du?

Der Open Air Guide der Vienna Club Commission und der IG Kultur Wien macht es Veranstalter*innen einfacher unter freiem Himmel zu veranstalten. Darin sind Praxistipps und wichtige Vorschriften enthalten. In Kapitel 2/8 bekommst du Infos über Vereine, Unternehmen, Privatpersonen.

Inhalt

02.1 Verantwortlichkeiten und Kommunikation

Egal ob ihr als Privatperson, Verein oder Unternehmer*in ein Open Air anmeldet, es braucht immer eine*n Verantwortliche*n, einen „veranstaltungsrechtlichen Geschäftsführer“. Das könnt ihr selbst sein, ihr könnt aber auch eine geeignete Person dafür bestellen, welche formal die folgenden Voraussetzungen erfüllen muss:

  • eigenberechtigt, also über 18 Jahre
  • Wohnsitz in einem EWR-Staat (also EU, UK, Island, Norwegen und Liechtenstein)
  • zuverlässig
    • keine noch nicht getilgte rechtskräftige gerichtliche Strafe für eine mit Vorsatz begangene strafbare Handlung von mehr als drei Monaten oder 180 Tagsätzen (oder vergleichbare gerichtliche Strafen im Ausland)
    • in den letzten drei Jahren höchstens zwei rechtskräftige Strafen wegen schwerwiegender Übertretungen veranstaltungsrechtlicher, jugendschutzrechtlicher oder tierschutzrechtlicher Normen
      Die Zuverlässigkeit einer natürlichen Person ist nicht gegeben, wenn über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei gemäß § 256 Abs. 4 Bundesgesetz über das Insolvenzverfahren (Insolvenzordnung – IO), RGBl. Nr. 337/1914, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2019, Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.

Diese Person ist Verantwortliche*r und Ansprechperson für sämtliche Behörden und Beschwerden, jedoch sollte nicht vergessen werden, dass sie meist auch Hauptansprechpartner*in für sämtliche internen Angelegenheiten ist und deshalb auch die folgenden Eigenschaften und Kenntnisse von Vorteil sind:

  • Überblick über die geltenden Auflagen der Eignungsfeststellung
  • Übersicht, Nüchternheit und immer ein kühler Kopf
  • lösungsorientiertes Arbeiten und Verhandlungsgeschick
  • Kenntnisse über das Veranstaltungsgesetz

Des Weiteren ist es verpflichtend, bei größeren Veranstaltungen immer Folgendes bei sich zu haben:

  • sämtliche Behördenunterlagen (Eignungsfeststellung, Veranstaltungsanmeldung, Geländeplan etc.)
  • Lichtbildausweis
  • Nachweis über absolvierte Erste-Hilfe-Schulung
  • Kontaktlisten zu Mitarbeiter*innen und Künstler*innen inkl. Zuständigkeiten und Telefonnummern
  • Zeit- und Ablaufplan (Disposition)
    • Abholungen, Lieferungen von Equipment, Deko, Getränken usw.
    • Auf- und Abbauzeiten
    • Proben- und Spielpläne
    • Gastronomie-Planung
    • Handy mit vollem Akku, mobiles Ladegerät, evtl. Walkie-Talkie

Je nachdem welche Art Veranstalter*in ihr seid, sind noch die folgenden Erläuterungen zu Privatpersonen, Vereinen oder Unternehmen zu beachten.

02.2 Privatperson

Es ist grundsätzlich möglich, eine Veranstaltung als Privatperson zu organisieren. Selbst bei sehr kleinen Veranstaltungen kann es dabei zu finanziellen und haftungstechnischen Komplikationen kommen. Solltet ihr als Privatperson veranstalten wollen und sollte eure Veranstaltung ein finanzielles Risiko bergen, haftet ihr als Privatperson immer mit eurem Privatvermögen. 

Solltet ihr dennoch als Privatperson veranstalten wollen, gelten für euch die Voraussetzungen, die in Kapitel 02.1 erwähnt wurden.

02.3 Verein

Vereine werden oft für die Durchführung von Veranstaltungen genutzt, und das aus gutem Grund.

Vereine sind relativ einfach und schnell zu gründen, die Gründung kostet nicht viel und man haftet nicht persönlich, sofern man als Obmann*Obfrau nicht fahrlässig handelt. Anders als bei den meisten Unternehmensformen ist es auch einfacher, an Kulturförderungen zu gelangen. Sofern man einen gemeinnützigen Verein gründet und die Gemeinnützigkeit auch beim Finanzamt meldet, genießt man auch gewisse steuerliche Vorteile.

Der fundamentale Unterschied zu Unternehmen liegt in der Gewerbetätigkeit und der Gewinnabsicht. Beides müsst ihr insbesondere bei der Umsetzung von Bar und Gastronomie beachten (mehr dazu in Kapitel 06 und bei der IG Kultur Wien).

02.4 Unternehmen

Bevor ihr ein Unternehmen gründet, müsst ihr als Privatperson die Voraussetzungen erfüllen die unter 02.1 angeführt werden. 

Folgende Unternehmensformen sind in Österreich zugelassen:

  • Ein-Personen-Unternehmen (EPU)
  • Offene Gesellschaft (OG)
  • Kommanditgesellschaft (KG)
  • Genossenschaft (Gen)
  • Gesellschaft nach bürgerlichem Recht (GesbR)
  • Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH oder GesmbH)

Mehr Informationen zu den unterschiedlichen Gesellschaftsformen findet ihr bei der WKO.

Praxistipp: Aus Haftungsgründen raten wir von einer GesbR, einer KG sowie einen OG ab, da Open-Air-Veranstaltungen immer mit einem hohen finanziellen Risiko verbunden sind und ihr im Falle eines Ausfalls mit eurem gesamten Privatvermögen solidarisch haftet. Solidarisch bedeutet, dass jede*r Gesellschafter*in für den gesamten Betrag aller Verbindlichkeiten haftet.

Bei einer KG haften lediglich die Geschäftsführer*innen mit ihrem gesamten Privatvermögen, nicht aber die Kommanditist*innen (diese haften nur mit ihrer Einlage).

Auch von EPUs raten wir ab, da ihr bei der Gesellschaftsform keine Angestellten oder Arbeiter*innen beschäftigen dürft.

Dementsprechend sind lediglich eine GmbH und eine Gen empfehlenswert. Bei einer eingetragen Genossenschaft beachtet bitte, dass der Gründungsprozess aufwendig und langwierig ist. Des Weiteren sollte darauf geachtet werden, dass eine Genossenschaft mit beschränkter Haftung angemeldet wird, da sonst alle Genossenschafter*innen mit ihrem Privatvermögen solidarisch haften.

Bei einer neu gegründeten GmbH müsst ihr anfangs lediglich 10.000 Euro Stammeinlage mitbringen, was die Gründung einer solchen favorisiert. Solltet ihr darüber nachdenken, regelmäßig größere Open Airs zu organisieren, dann wäre eine GmbH allein aus haftungstechnischen Gründen ratsam. 

Praxistipp: Grundsätzlich macht es für die Behörden keinen Unterschied, welche Gesellschaftsform euer Unternehmen hat. Jedoch bietet eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) für Open Airs mit Umsätzen von mehreren 10.000 Euro einige Vorteile, um etwa im Falle eines Ausfalls oder Abbruchs der Veranstaltung z. B. aufgrund schlechter Witterung nicht persönlich für angefallene Kosten zu haften. 

Ihr solltet euch, bevor ihr euch für eine Unternehmensgründung entscheidet, unbedingt alle nötigen Informationen von einer*m Steuerberater*in besorgen. Die Angaben in diesem Leitfaden sind nicht komplett und sollen euch lediglich einen Überblick verschaffen.

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