Wiener Veranstaltungsgesetz 2020 (Wr. VG)

Seit 01.12.2020 hat Wien ein neues Veranstaltungsgesetz. Was sich geändert hat und was ihr beachten solltet, wird in diesem Leitfaden knackig zusammengefasst.

Inhalt

01 Was ist neu
02 Veranstalten in geeigneten Betriebsanlagen
02.1 Auflagen
03 Anzeigepflichtige Veranstaltungen
03.1 Auflagen
03.2 Fristen
04 Anmeldepflichtige Veranstaltungen
04.1 Veranstalten an Orten mit bestehender Eignungsfeststellung
04.2 Veranstalten an Orten ohne bestehende Eignungsfeststellung
04.3 Fristen
05 Regeln und Grenzwerte
05.1 „Der Stand der Technik“
05.2 Allgemeingültige Auflagen
05.3 Spezielle Auflagen für Veranstaltungen mit über 100 Teilnehmer*innen
06 Verpflichtende Maßnahmen zur Selbstkontrolle
06.1 Aufsicht
06.2 Wiederkehrende Überprüfung
06.3 Personenzählsystem
07 Strafen
08 Haftung

01 Was ist neu?

Das neue Wiener Veranstaltungsgesetz stellt in einigen Punkten eine Vereinfachung und Deregulierung dar. Aus den drei notwendigen Verfahren – Anmeldung, Eignungsfeststellung und Sperrstundenverlängerung – wurde ein einziges Verfahren. Festgestellte Eignungen von Orten können wiederverwendet werden – unabhängig von Veranstalter*in und Veranstaltungsart. In Betriebsanlagen müssen Veranstaltungen nun weder genehmigt noch angezeigt werden. Und die starren Auflagen des alten Veranstaltungsstättengesetzes wurden zugunsten des – in der Gewerbeordnung erprobten und flexibleren – Prinzips „Stand der Technik“ ersetzt.  

Warum gibt es ein neues Gesetz

Seit 01.12.20 gilt in Wien das neue Gesetz. Es ersetzt das in die Jahre gekommene Veranstaltungsgesetz von 1971, das Veranstaltungsstättengesetz von 1978, und drei weitere noch ältere Verordnungen. Eine neue Fassung war naheliegend. Denn vor einigen Jahren wurde bereits die Vergnügungssteuer, wegen der Veranstaltungen schon ab 20 Personen angemeldet werden mussten, abgeschafft. Zudem hatte die 1994 erneuerte Gewerbeordnung einige Widersprüchlichkeiten ergeben. 

Das Gesetz ist sehr umfangreich, deshalb kann dieser Text nur einen Überblick bieten. Zudem werden hier nur jene Aspekte behandelt, die für Musikveranstaltungen relevant sind. Im Zweifelsfall lohnt es sich immer direkt im Gesetzestext nach zu lesen. Die ursprüngliche Entwurfsfassung der Verordnung hat außerdem einen Anhang, der Passagen und Hintergründe leichter verständlich macht. 

Was möchte das Gesetz sicherstellen

Das neue Veranstaltungsgesetz will als oberstes Ziel die „Wahrung berechtigter Schutzinteressen“ unterschiedlicher Gruppen gewährleisten. Grob gesagt geht es also darum, dass die Sicherheit aller Beteiligter gewährleistet ist, und sich niemand gestört fühlt.

Welche Veranstaltungen sind öffentlich, welche sind privat

Alle öffentlichen Veranstaltungen fallen unter das Gesetz. Sie sind so definiert, dass sie allgemein zugänglich sind, oder gegenüber einem unbestimmten Personenkreis beworben werden. Es gelten auch Veranstaltungen von geschlossenen Vereinigungen, für die Tagesmitgliedschaften erworben werden können als „öffentlich“. Ausgenommen sind religiöse, politische, sowie private Veranstaltungen, wie Geburtstage und Hochzeiten, und Firmenfeiern, wenn sie auf dem Firmengrund stattfinden. Die Behörde behält sich dabei vor, im Einzelfall zu prüfen, ob es sich tatsächlich um geschlossene Veranstaltungen handelt. Es ist also nicht ratsam, eine öffentliche Veranstaltung unter einem „privaten Deckmantel“ durchzuführen. 

Wer veranstalten darf

Als Veranstalter*in auftreten darf jede juristische oder volljährige Person mit Wohnsitz in einem EWR-Staat. Ausgenommen sind Personen, die gröbere Straftaten begangen haben, die in laufenden Insolvenzverfahren stecken, aber auch solche, die über mehr als zwei veranstaltungsrechtliche, jugendschutzrechtliche oder tierschutzrechtliche Übertretungen in den letzten drei Jahren verfügen. Treten mehrere Personen als Veranstalter*in auf oder können diese Voraussetzungen nicht erfüllt werden, muss ein*e Geschäftsführer*in bestellt und der Behörde  bekanntgegeben werden.

Die drei Arten von Veranstaltungen

Das Gesetz unterteilt Veranstaltungen in drei Gruppen: 

Veranstaltungen in geeigneten Betriebsanlagen. Sie müssen weder angezeigt noch angemeldet werden, aber sich an die im Gesetz definierten Regeln halten, siehe 02.

Anzeigepflichtige Veranstaltungen. Sie können ohne Genehmigungsverfahren stattfinden, die Behörden müssen aber informiert werden, siehe 03.

Anmeldepflichtige Veranstaltungen. Sie müssen ein Genehmigungsverfahren durchlaufen. siehe 04.

Welche Fragen ihr euch stellen solltet

Um zu beurteilen in welche Kategorie deine Veranstaltung fällt, stellen sich bei der Planung einer Musikveranstaltung zuerst vier Fragen:

  • Wo soll meine Veranstaltung stattfinden?
  • Wie viele Menschen werden voraussichtlich kommen? (Kapazität)
  • Wie lange soll die Veranstaltung dauern? (Sperrzeiten)
  • Wie laut könnte es werden? (Lautstärke)

Nicht anmeldepflichtige Veranstaltungen

Bisher mussten alle Veranstaltungen bei der MA 36 angemeldet werden. 
Nach dem neuen Gesetz:

  • muss die Behörde über Veranstaltungen in Betriebsanlagen mit entsprechenden Genehmigungen nicht mehr informiert werden.
  • reicht für Veranstaltungen bis zu einer gewissen Größe, bei denen es die Behörde als gesichert ansieht, dass die Schutzinteressen eingehalten werden, eine einfache Anzeige.

02 Veranstalten in geeigneten Betriebsanlagen

Wenn eine Veranstaltung in einem Club oder an einem vergleichbaren Ort geplant ist, muss sie aller Wahrscheinlichkeit nach weder angezeigt noch angemeldet werden, weil das in so genannten „geeigneten Betriebsanlagen“ nun nicht mehr nötig ist. 

„Geeignet“ ist eine Betriebsanlage, also eine genehmigte Betriebsstätte, dann, wenn das Vorhaben (musikalische Darbietung, Tanz, etc.) in ihrer Genehmigung geregelt ist. Das ist in Diskotheken oder sogenannten „Clubbing Lounges“ höchstwahrscheinlich der Fall. Auch Cafés, Bars und ähnliche andere Betriebe können solche Genehmigungen haben. Im Zweifelsfall fragt einfach den*die Betreiber*in des Lokals.

Früher war es nötig, dass die Eignung von der MA 36 festgestellt wurde, um Veranstaltungen in Betriebsanlagen durchzuführen. Dadurch konnte es passieren, dass die Auflagen der Eignungsfeststellung und der Betriebsanlagengenehmigung in einzelnen Punkten widersprüchlich waren. 

Nun ist keine Eignungsfeststellung mehr nötig. Wenn eine Betriebsanlage entsprechend genehmigt wurde, ist sie automatisch auch als Veranstaltungsstätte geeignet. 

Achtung: Alte Eignungen bleiben weiterhin gültig. Betreiber*innen können sie aber bei der Behörde unwiderruflich zurücklegen. Dann regelt die Betriebsanlage, was möglich ist und was nicht. Bis dahin gilt bei widersprüchlichen, weiterhin die „strengere“ Auflage.

02.1 Auflagen

Die Betriebsanlagengenehmigung regelt die drei wichtigen Fragen:

  • wie viele Menschen sich gleichzeitig in den Räumlichkeiten aufhalten dürfen
  • wie laut es dort sein darf und
  • wie lange das Lokal offen haben kann. Eine Veranstaltung muss innerhalb dieser Vorgaben stattfinden. Betreiber*innen haben die Veranstalter*innen im Vorhinein über diese und andere Auflagen aufzuklären

Die Sperrstunde kann in Ausnahmefällen über ein Ansuchen bei der Polizei verlängert werden. Eine Anmeldung einer Veranstaltung in einer Betriebsanlage kann an den Vorgaben allerdings auch nichts ändern, da weiterhin die „strengeren” Vorgaben der Betriebsanlage gelten würden. Einzig die Sperrstunde kann in Ausnahmefällen über ein Ansuchen bei der Polizei verlängert werden.

03 Anzeigepflichtige Veranstaltungen

Veranstaltungen, die im Rahmen bestimmter Grenzwerte liegen, müssen ab nun nur noch bei den Behörden angezeigt werden. Das ist deutlich einfacher als eine Anmeldung. Es gilt für diese Veranstaltungen:

  • Kapazität: weniger als 300 Besucher*innen outdoor, weniger als 200 Besucher*innen indoor oder in Zelten oder weniger als 120 Besucher*innen in unter dem Erdgeschoss liegenden Räumlichkeiten
  • Sperrzeiten: Veranstaltungen, die ausschließlich innerhalb der gesetzlichen oder behördlich genehmigten Sperrzeiten stattfinden.
  • Lautstärke: Die Behörde muss als gesichert ansehen, dass mit keiner unzumutbaren Lärmbelästigung in der Nachbarschaft zu rechnen ist. Bei Musikprogramm kann es also durchaus der Fall sein, dass auch Veranstaltungen mit weniger Besucher*innen anmeldepflichtig sind.

Wenn eure Veranstaltung alle drei Kriterien erfüllt, muss sie nur angezeigt werden. Sonst fällt sie unter die anmeldepflichtigen Veranstaltungen. Dazu mehr im nächsten Kapitel.

Wo dürfen solche Veranstaltungen stattfinden?

Anzeigepflichtige Veranstaltungen können grundsätzlich auch an Orten ohne Eignung abgehalten werden. Auch aus den Auflagen einer bestehenden Eignungsfeststellung könnte sich ergeben, dass eine Veranstaltung nur angezeigt werden muss.

03.1 Auflagen

Abhängig davon, ob für eine Veranstaltungsstätte eine Eignungsfeststellung vorliegt, gelten für anzeigepflichtige Veranstaltungen unterschiedliche Grenzwerte.

03.1.1 Grenzwerte für Veranstaltungsorte mit Eignungsfeststellung

Die so genannte Eignungsfeststellung regelt unter welchen Umständen eine Veranstaltung an einem Ort stattfinden darf. In ihr sind die Maximalwerte geregelt für u.a.:

  • Kapazität
  • Sperrzeiten
  • Lautstärke

Im besten Fall wurde für euren Veranstaltungsort schon einmal eine Eignung festgestellt. Auf diese könnt ihr euch in eurer Anzeige beziehen.

Wurde diese Eignung einmal festgestellt, kann sie unabhängig von Veranstaltungsart und Veranstalter*in wieder verwendet werden. Ob schon einmal eine Eignung festgestellt wurde, könnt ihr bei der*dem Besitzer*in des Veranstaltungsortes erfahren.

Wenn eure Veranstaltung die unter 03 genannten Kapazitäten nicht überschreitet, ist eure Veranstaltung nur anzeigepflichtig. Ihr müsst euch nur an die Auflagen halten.

Achtung: Entsprechen die Auflagen einer Eignung euren Ansprüchen nicht, müsst ihr eure Veranstaltung anmelden, um eine Änderung der Eignung zu beantragen.

03.1.2 Grenzwerte für Veranstaltungsorte ohne Eignungsfeststellung

Für Orte ohne Eignungsfeststellung gelten diese generellen Auflagen:

Besucher*innenkapazität

Für Veranstaltungsorte ohne Eignungsfeststellung gelten für die Berechnung der maximalen Kapazität folgende Regeln:

  • für Sitzplätze an Tischen und bei Ausstellungsräumen eine Person je m² Grundfläche des Veranstaltungsraumes
  • für Sitzplätze in Reihen zwei Personen je m² Grundfläche des Veranstaltungsraumes
  • für Stehplätze auf Stufenreihen zwei Personen je laufendem Meter Stufenreihe
  • für sonstige Stehplätze drei Personen je m² Grundfläche des jeweiligen Bereichs (wobei Verkehrs- und Fluchtwege nicht mitzurechnen sind).

Achtung: Wenn ihr die Veranstaltung nur anzeigt, gelten auch für große Veranstaltungsorte unter 03 erwähnten maximalen Besucher*innenzahlen. Sollen diese überschritten werden, muss die Veranstaltung angemeldet werden.

Sperrzeiten

Veranstaltungen dürfen ohne spezielle Genehmigung nicht vor 06:00 beginnen, und müssen im Freien oder in Zelten um 22:00 Uhr und in Räumlichkeiten um 02:00 Uhr beendet sein.

Für Veranstaltungen in Betriebsanlagen gilt die gesetzliche Sperrstunde des Betriebs.

Zu Silvester entfällt die Sperrstunde in Räumlichkeiten, im Freien wird sie auf 01:00 Früh verlängert. 

Außerhalb dieser Zeiten sind alle Veranstaltungen anmeldepflichtig, um eine Erweiterung der Sperrzeiten zu beantragen.

Welche Lautstärke ist „zumutbar”?

Bei Veranstaltungen in Räumen geht Gesetzgeber*in jedenfalls davon aus, dass bis zu 75 dB(A) auf jeden Fall im Rahmen des „Zumutbaren“ liegen. In Räumen, die gut schallgeschützt sind, kann der Wert auch höher liegen. Im Freien lässt sich diesbezüglich keine allgemein gültige Aussage treffen. Die Grenzwerte finden sich im Gesetz unter §23(3) und gelten jeweils vor den Fenstern der nächstgelegenen Anrainer*innen. 

03.2 Fristen

Wenn ihr euch sicher seid, dass eure Veranstaltung nicht anmeldepflichtig ist, müsst ihr sie spätestens eine Woche vor Beginn bei der Behörde anzeigen. In der Anzeige enthalten sein müssen Angaben zu Zeit, Ort und Größe der Veranstaltung sowie zur Art der Musikdarbietung, und wie laut ihr sein wollt.

Beachtet dabei aber, dass die Behörde eure Veranstaltung untersagen kann, wenn sie der Meinung ist, dass nicht sichergestellt ist, dass die Schutzinteressen eingehalten werden. Habt ihr zu diesem Zeitpunkt die Frist zur normalen Anmeldung verpasst, dürft ihr eure Veranstaltung nicht durchführen. Auch anzeigepflichtige Veranstaltungen müssen dem Gesetz in allen Punkten entsprechen. Im Zweifelsfall ist es ratsam, einen Termin mit der MA 36 zu vereinbaren um euer Projekt zu besprechen. Dies schafft auch Rechtssicherheit im Falle einer allfälligen Kontrolle. Künftig plant das Amt auch regelmäßige Projektsprechtage anzubieten.

04 Anmeldepflichtige Veranstaltungen

Dass eine Veranstaltung bei der MA 36 angemeldet werden muss, kann drei Gründe haben:

  • Kapazität: Veranstaltungen ab 300 Besucher*innen im Freien, 200 Besucher*innen in Räumlichkeiten oder in Zelten, und 120 Besucher*innen in unter dem Erdgeschoß liegenden Räumlichkeiten, müssen wenn sie nicht in geeigneten Betriebsanlagen stattfinden, immer angemeldet werden.
  • Sperrzeiten: Angemeldet werden müssen unabhängig von der Zahl der Teilnehmer*innen zudem alle Veranstaltungen, die nicht ausschließlich im Rahmen der gesetzlichen oder behördlich bewilligten Sperrzeiten durchgeführt werden.
  • Lautstärke: Ist zu befürchten, dass durch die Veranstaltung eine unzumutbare Lärmbelästigung entsteht, muss sie ebenso angemeldet werden. (siehe dazu 3.1.2)

Ein Antrag statt drei

Neu ist, dass alle drei bisher unter Umständen notwendigen behördlichen Verfahren, also die Eignung der Veranstaltungsstätte, die Sperrstundenverlängerung und die Anmeldung der Veranstaltung, mit einem Antrag erledigt werden können. 

Wo dürfen anmeldepflichtige Veranstaltungen stattfinden?

Anmeldepflichtige Veranstaltungen dürfen nur an Orten abgehalten werden, für die eine Eignung festgestellt wurde.
In der Eignungsfeststellung werden alle Auflagen festgehalten, die zur Durchführung einer Veranstaltung an einem bestimmten Ort eingehalten werden müssen. Ob für einen Ort schon einmal eine Eignung festgestellt wurde, erfährt man bei dem*der Besitzer*in.

04.1 Veranstalten an Orten mit bestehender Eignungsfeststellung

Wurde für einen Ort schon einmal eine Eignung festgestellt, kann diese unabhängig von Veranstalter*in und Veranstaltungsart wieder verwendet werden.
Bei der Anmeldung ist also nur noch anzugeben, auf welche Eignung sich der Antrag bezieht. Dabei ist darauf zu achten, dass die eingereichte Veranstaltung in Bezug auf Besucher*innenzahl und Lärmemissionen die Eignung nicht übersteigen darf. Hier wird nur mehr geprüft ob Veranstalter*in die notwendigen Voraussetzungen erfüllt. Ist das der Fall, wird die Veranstaltung genehmigt.

Wichtig ist, dass die geplante Veranstaltung, vor allem in Bezug auf Kapazität, Sperrzeiten und Lautstärke die Eignung nicht überschreitet, da sonst eine Änderung genehmigt werden muss. Doch auch wenn die geplante Veranstaltung deutlich kleiner ist, als die in der Eignung festgestellte, lohnt es sich unter Umständen mit der MA 36 in Kontakt zu treten, da einige Auflagen unverhältnismäßig zum geplanten Unterfangen sein könnten.

Zu beachten ist bei Musikveranstaltungen auch, dass die Position der Bühne und die Richtung, in die die Lautsprecher schallen, der Eignung entsprechen müssen und genehmigungspflichtig sind.

Kleine Änderungen wie die Verminderung der Personenzahl, Veränderung der Bestuhlung ohne Erhöhung der Personenzahl, der Austausch von gleichartigen Maschinen, Geräten oder Ausstattungen, und geringfügige Änderungen, welche die Fluchtwege und Ausgänge oder tragende Bauelemente nicht beeinträchtigen, müssen nur noch angezeigt, aber nicht mehr genehmigt werden.

04.2 Veranstalten an Orten ohne bestehende Eignungsfeststellung

Wurde für einen Veranstaltungsort noch keine Eignung festgestellt, passiert dies von nun an im Zuge des Anmeldeverfahrens. 

Die Behörde prüft dabei ob und unter welchen Umständen der Veranstaltungsort für die geplante Veranstaltung geeignet ist.

Der*die Antragsteller*in hat dafür schon u.a. eine genaue Beschreibung für den Ablauf der Veranstaltung, Pläne und Skizzen, sowie einen schalltechnischen Nachweis vorzulegen. Da die Qualität des Antrags unter Umständen über seinen Erfolg entscheidet, ist es jedenfalls ratsam, im Vorhinein einen Termin zur Projektbesprechung bei der MA 36 zu vereinbaren. Künftig plant das Amt auch regelmäßige Projektsprechtage abzuhalten.

Neben Vertreter*innen der Landespolizeidirektion Wien und dem Arbeitsinspektorat nimmt die zuständige Bezirksvorstehung eine bedeutende Rolle bei der Genehmigung einer Veranstaltung ein. Es lohnt sich daher unter Umständen, diese schon vor der mündlichen Verhandlung in einem persönlichen Gespräch über das Vorhaben zu informieren.

Generelle Eignungsfeststellung

Ist geplant, dass an einem Ort ohne Betriebsanlage wiederholt Veranstaltungen stattfinden sollen, kann der*die Besitzer*in, auch unabhängig von einer Veranstaltung, eine grundsätzliche Eignungsfeststellung beantragen.

Diese kann als Grundlage für zukünftige Veranstaltungen herangezogen und im Bedarfsfall um eine darauf aufbauende „spezielle Eignungsfeststellung“ ergänzt werden. In diesem Fall müssen nur noch die notwendigen Änderungen, und nicht mehr wie bisher, die gesamte Eignung neu beantragt werden.

04.3 Fristen 

Nach Einreichung der Veranstaltung hat die Behörde bei Veranstaltungen an Orten ohne Eignung bis 5.000 Personen einen Monat, und ab 5.000 Personen drei Monate Zeit, den Antrag zu erledigen.

Bei Veranstaltungen in Veranstaltungsstätten, für die schon einmal eine Eignung festgestellt wurde, verkürzt sich im neuen „vereinfachten Anmeldeverfahren“ die behördliche Erledigungsfrist bis 5.000 Personen auf zwei Wochen und ab 5.000 Personen auf ein Monat. 

Planungssicherheit

Auf den ersten Blick sehen diese Fristen wie eine Verschlechterung gegenüber dem alten Gesetz aus. Bisher mussten Veranstaltungen spätestens eine Woche vor ihrem Termin angemeldet werden. Da es aber keine Erledigungsfristen für die Behörden gab, konnte es passieren, dass Veranstalter*innen wenige Tage vor der Veranstaltung mit neuen Auflagen konfrontiert wurden. Die neuen Erledigungsfristen schaffen also durchaus auch Planungssicherheit. 

Das Gesetz sieht zudem vor, dass weitere etwaig notwendige Verhandlungen nach Möglichkeit gemeinsam geführt werden sollen.

05 Regeln und Grenzwerte

Unabhängig davon, ob eine Veranstaltung angemeldet, angezeigt werden muss, oder in einer geeigneten Betriebsanlage stattfindet, sind Vorschriften einzuhalten.

05.1 „Der Stand der Technik“

Das umfangreiche Wiener Veranstaltungsstättengesetz von 1978, das bisher viele sicherheitsrelevante technische Details bei Veranstaltungen regelte, wurde mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes ersatzlos gestrichen. Von nun an sind die technischen Mittel, die für die Sicherheit sorgen sollen, nicht mehr steif reglementiert, sondern müssen in großen Teilen „nur noch“ dem „Stand der Technik“ entsprechen. Die Gesetzgebung orientiert sich dabei an der Gewerbeordnung, die das für Betriebsanlagen schon seit 1994 so regelt. Bei vielen Veranstalter*innen sorgt diese Formulierung für Verunsicherung. Zur Orientierung hat die MA 36 die Broschüre „Veranstaltungsstättenrichtlinie“ erstellt, die regelmäßig ergänzt werden soll. Dabei verpflichtet sich die Behörde auch auf die Verhältnismäßigkeit der aufzuwendenden Mittel zu achten. Ist der Aufwand, den eine Auflage verursacht, gegenüber der erstrebten Wirkung unverhältnismäßig, kann die Behörde in Ausnahmefällen von der Auflage absehen. Ebenso kann vom „Stand der Technik” abgesehen werden, wenn die Schutzinteressen trotzdem gewährleistet sind. Im Zweifelsfall kann auch die Gewerbeordnung Anhaltspunkte liefern. Erprobte Lösungen aus anderen Bundesländern werden fortan auch in Wien genehmigt.

05.2 Allgemeingültige Auflagen

Lautstärke

Im Publikumsbereich darf der Grenzwert von 100 dB, A sowie 118 dB, C nicht überschritten werden. Ab 93 dB, A und 111 dB, C, ist auf die mögliche Gefahr für die Gesundheit hinzuweisen, und den Besucher*innen Ohrenstöpsel mit einer Schalldämmung von zumindest 15 dB kostenfrei anzubieten.
Neu ist, dass auch „C” also Bass-Werte eingehalten werden müssen.

Toiletten

Veranstalter*in muss ausreichende Toilettenplätze zur Verfügung stellen.
Orientierung bietet diesbezüglich die Gewerbeordnung.

Garderobe

Je nach Jahreszeit sind ausreichend Garderobeplätze zu schaffen.
Ab 150 Personen darf sich die Garderobe nicht im Veranstaltungsraum befinden, zudem darf sie Verkehrswege nicht behindern. 

Barrierefreiheit

Veranstalter*in hat, wann und wo möglich, wenn die Errichtung technisch und wirtschaftlich verhältnismäßig ist, auf Barrierefreiheit zu achten. Bis 100 Personen sind zwei Rollstuhlplätze, je zusätzlichen 100 Personen ein weiterer, bis zu maximal 20 einzurichten.

Sollen an dem Veranstaltungsort regelmäßig Veranstaltungen stattfinden gilt folgende Formel: R = (PAX – 2.000) /200 +20. (R= Zahl der Rollstuhlplätze, PAX = Anzahl der BesucherInnen)

Notbeleuchtung

Flucht- und Rettungswege müssen bei Dunkelheit mit einer Notbeleuchtung ausgestattet sein.

Erste Hilfe

Jede Veranstaltung muss, je nach Bedarf, mit zumindest einem Verbandskasten ausgestattet sein.
Neu ist, dass schon bei einer Veranstaltung ab 20 Personen zu jeder Zeit eine nachweislich in Erste Hilfeleistung ausgebildete Person anwesend sein muss.

05.3 Spezielle Auflagen für Veranstaltungen mit über 100 Teilnehmer*innen

Ab 1000 Teilnehmer*innen

  • muss eine Haus- und Platzordnung angezeigt werden.
  • (bis 5000) ist die Zahl der notwendigen Sanitäter*innen oder Notärzt*innen durch einen Rettungsdienst zu bestimmen.
  • ist ein Notfallraum verpflichtend
  • dürfen Getränke und andere Lebensmittel nach Möglichkeit nur in Mehrweggebinden ausgegeben werden

Ab 2000 Teilnehmer*innen

  • muss zusätzlich ein Abfallkonzept vorgelegt werden.

Ab 5000 Teilnehmer*innen

  • muss zusätzlich ein Sicherheits- und Erste Hilfe Konzept mit einem Rettungsdienst erstellt werden.

Ab 20.000 Teilnehmer*innen

  • gelten zudem andere Regeln bezüglich der Personenzählung. siehe §22(4)

06 Verpflichtende Maßnahmen zur Selbstkontrolle

Der/die Veranstalter*in ist dazu verpflichtet zu überwachen, dass alle Auflagen zu jedem Zeitpunkt einer Veranstaltung eingehalten werden.

Dazu hat der Gesetzgeber eine Reihe an Instrumenten zur Selbstkontrolle vorgesehen.

06.1 Aufsicht

Während jeder Veranstaltung muss eine Aufsichtsperson anwesend sein, die auf die Einhaltung der Auflagen achtet und den Behörden jederzeit Auskunft geben kann.

In der Regel wird es sich dabei um die*den Inhaber*in oder Geschäftsführer*in der Veranstaltungsstätte oder den*die Veranstalter*in handeln. Sollten diese nicht anwesend sein, muss eine Vertretung bestellt werden. Teilen sich mehrere Personen die Aufsicht, muss ihre Aufgabenverteilung schriftlich festgehalten werden. Sie müssen sowohl mit den Örtlichkeiten als auch mit den Auflagen gut vertraut sein, da die Behörde die Veranstaltung untersagen kann, wenn sie empfindet, dass keine „geeignete“ Person vor Ort ist.

06.2 Wiederkehrende Überprüfung

Inhaber*innen von Veranstaltungsstätten, die mindestens 500 Personen fassen, müssen außerdem zumindest alle fünf Jahre im Rahmen einer „wiederkehrenden Überprüfung“ die Einhaltung der Bewilligungsbescheide und sonstiger Vorschriften protokollieren. Diese Überprüfung kann sowohl von externen staatlich autorisierten Techniker*innen, als auch von fachkundigen Angestellten, die mit der Veranstaltungsstätte vertraut sind, durchgeführt werden. 

Im Übrigen ist es jederzeit ratsam, allfällige Mängel schriftlich zu erfassen und der Behörde anzuzeigen, da diese gegebenenfalls eine Behebungsfrist erteilen kann, was im Falle einer Kontrolle vor Strafen schützt.

In Veranstaltungsstätten mit einem Fassungsraum von mehr als 1000 Personen, muss vor jeder Veranstaltung eine Begehung durchgeführt, und dabei die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen schriftlich dokumentiert werden.

06.3 Personenzählsystem

Veranstalter*in hat dafür zu sorgen, dass die Besucher*innenzahl während der Veranstaltung zu keinem Zeitpunkt die zugelassene Kapazität übersteigt. Das Gesetz sieht zu diesem Zweck vor, dass jede Veranstaltung mit einem „geeigneten Personenzählsystem“ ausgestattet sein muss. Wie dieses gestaltet ist, bleibt Veranstalter*in frei.  Als Faustregel kann man sagen, dass bei Veranstaltungen für bis zu 300 Personen mit dem selben Aus- und Eingang ein so genannter „Klicker“ als ausreichend erachtet wird. Für größere Veranstaltungen präferiert die Behörde ein elektronisches Besucher*innenzählsystem.

Wichtig ist, dass den Behörden jederzeit Auskunft über die Anzahl der Besucher*innen gegeben werden kann. Stellt die Behörde fest, dass die Kapazität überschritten wird, werden Strafen fällig, und die Veranstaltung kann sogar während des Betriebes abgebrochen werden.

07 Strafen

Sicherheitsmaßnahmen und Strafen

Als Veranstalter*in ist jederzeit damit zu rechnen, dass die Behörde eine routinemäßige Kontrolle durchführt. Stellt sie dabei eine schwerwiegende Übertretung der Auflagen oder eine Gefährdung für die Gesundheit der Anwesenden fest, kann sie die Veranstaltung einstellen. Ein Grund zu dieser Annahme liegt jedenfalls bei Überschreitung der zulässigen Höchstzahl der Teilnehmer*innen, bei gesundheitsschädigender Lärmbelästigung, und wenn keine verantwortliche Aufsichtsperson anwesend ist. Eine gesundheitsschädigende Lärmbelästigung stellt eine Überschreitung der Auflagen ab 10 dB dar.

Eine unangemeldete Veranstaltung, das Fehlen eines geeigneten Personenzählsystems, sowie eine Sperrstundenüberschreitung werden mit einem Strafmaß von bis zu 8.000 € geahndet. Bei einer Überschreitung der Besucher*innenkapazität, einer Überschreitung der Lärmgrenzwerte oder wenn die Bestimmungen über Beleuchtung und Sicherheitsbeleuchtung nicht eingehalten werden, können sogar bis zu 12.000 € fällig werden.

08 Haftung

Auch wenn das neue Veranstaltungsgesetz im Bezug auf das Veranstalten in Betriebsanlagen einiges erleichtert, kennt es auch eine Unschärfe, die es sowohl für Betreiber*innen wie auch Veranstalter*innen zu beachten gilt:

Wer nämlich Veranstalter*in ist, und somit wer welche Haftung im Falle einer Kontrolle übernimmt, ist im Gesetz unklar geregelt. Das ist insofern relevant, weil diese Person auch die Aufsichtspflicht über die Veranstaltung wahrnehmen muss, und somit für die Einhaltung aller Auflagen bürgt.

Das Gesetz besagt, dass die Person, die für die Veranstaltung wirbt, und auf dessen Rechnung die Veranstaltung läuft, Veranstalter*in ist. 

In Folge könnte das bedeuten, dass ein*e Veranstalter*in im Falle einer Kontrolle für die Versäumnisse des*der Betreiber*in der Betriebsstätte haftet. Dass das in der Praxis so exekutiert wird, ist zwar unwahrscheinlich, es lohnt sich aber mit Sicherheit trotzdem, die Zuständigkeiten im Vorhinein vertraglich festzuhalten.

Grundsätzlich gilt jedenfalls, dass Inhaber*innen und Betreiber*innen einer Veranstaltungsstätte diese Veranstalter*innen nur zur Verfügung stellen dürfen, wenn sie alle Auflagen erfüllt.

Veranstaltungsstätten sind vor dem Eingang mit einem Aushang zu versehen, der den Namen der*des Veranstalter*in sowie die Art der Veranstaltung offen legt.

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