Bedarfserhebung der Clubszene

Was braucht Clubkultur in Wien? Was wünscht sich die Szene? Welches Know How hat sie und was führt am häufigsten zu Problemen? Die Bedarfserhebung gibt dazu Zahlen, Daten und Fakten.

Die Bedarfserhebung der Veranstalter*innen und Betreiber*innen von Locations gibt erstmals Antworten auf Wünsche und Probleme in der Wiener Clubkultur. Damit können Aufgaben der Vienna Club Commission definiert und priorisiert werden. Die Befragung wurde im Juli 2020 in Kooperation mit der KMU-Forschung Austria durchgeführt.

Publikum

Die Clubszene arbeitet für ein großes Publikum. Die Hälfte der Orte wird pro Woche von über 500 Gästen besucht, knapp ein Drittel von über 1.000 Gästen. Das entspricht bei rund 100 Wiener Clubs deutlich mehr als 40.000 Gästen pro Woche.

Erfahrung und Know How

Die Szene verfügt über viel Erfahrung. Drei Viertel der Musikspielstätten und Veranstalter*innen sind jeweils über fünf Jahre aktiv. Das Know How über bestimmte Bereiche ist allerdings schwach ausgeprägt, etwa zum Thema Förderungen. Weniger als ein Drittel aller Befragten hat in den letzten fünf Jahren Förderungen erhalten. Diese wurden überwiegend von der Kulturabteilung der Stadt Wien gewährt. Zu Förderungen durch die Wirtschaftsagentur Wien kam es nur bei 5% der Befragten.

Clubkultur

Clubkultur ist eine eigene kulturelle Sparte mit eigener Ästhetik. Dieser Aussage stimmen 19 von 20 Befragten zu. Noch mehr wollen die lokale Szene stärken. Das Programm genießt hohen Stellenwert, fokussiert wird auf Nachwuchs (95%), Gender (81%), Qualität (81%) wie künstlerisches Konzept (63%). In Clubs und auf Veranstaltungen dominieren dabei Hip Hop, Rock, Techno und Jazz.

Wirtschaftlichkeit 

Rund die Hälfte der Locations möchte Gewinn erzielen. Gelungen ist das Im Jahr 2018 aber nur ein Drittel. Ausgeglichen bilanzierte ein weiteres Drittel. Die Szene arbeitet nach wie vor prekär. Unterstrichen wird das durch eine hohe Zahl an geringfügig und frei Beschäftigten.

Mit der genehmigten Fassungskapazität kann fast die Hälfte der Locations gut wirtschaften. Allerdings meint immerhin ein Fünftel, dass sie nur schlecht oder sogar sehr schlecht mit ihrer Höchstzahl an Gästen wirtschaften können. Niemandem gelingt das sehr gut. 

Die befragten Veranstalter*innen waren erfolgreicher. 49% lagen 2018 in der Gewinnzone, 31% haben ausgeglichen bilanziert.

Soziales

Ein Drittel aller Veranstalter*innen und Betreiber*innen gab an, bereits Probleme mit Rassismus, Sexismus, Homophobie und sexueller Belästigung gehabt zu haben. Meist werden sie selbständig gelöst und führen selten zu Problemen mit den Behörden. Dabei sei erwähnt, dass 79% der Befragten männlich sind. Dies könnte zu einer verzerrten Wahrnehmung dieser Problematik führen.

Alkohol- und Drogenmissbrauch sind weitgehend unter Kontrolle, nur 12% sehen hier Probleme. Dies ist auch der Arbeit von WienXtra Jugendinfo und der Drogenberatungsstelle checkit! zu verdanken, deren Arbeit als sehr hilfreich und positiv eingestuft wird.

Nur jede*r zehnte Befragte arbeitet mit Hunger auf Kunst und Kultur zusammen.

Lärm

Ganz vorne bei Problemen steht Lärm. Sowohl vor der Tür (80%) wie auch durch die Musik (76%). Anrainer*innen leben dabei sehr häufig weniger als 20 Meter entfernt. 43% der Locations haben Probleme mit Anrainer*innen, großteils über viele Jahre. Auch Behörden beanstanden vor allem Lärm, allerdings deutlich weniger ausgeprägt als Anrainer*innen. 

Servicestellen

Alle abgefragten Behörden und Servicestellen sind weithin bekannt. Nach WienXtra und checkit! wurden mica - music austria, der Kulturinfoservice der IG Kultur Wien sowie die MA 7 Kulturabteilung besonders positiv bewertet. Verbesserungsbedarf beim Informationsaustausch wird von mehr als der Hälfte der Befragten bei der Veranstaltungsbehörde MA 36 und deren Event Center geortet.

Erwartungen an die Vienna Club Commission

Einsatz für relevante Anliegen der Clubkultur bei Verwaltung und Politik wünschen sich 98% der Befragten. Fast genauso wichtig sei ein Vernetzungs- und Knotenpunkt zwischen Serviceangeboten. Große Erwartungen hat man an Beistand bei behördlichen Problemen (92%) sowie Infos im Vorfeld von Behördenwegen (92%). Auch Innovation und Know How werden als äußerst relevant betrachtet.

Die Themen, zu denen informiert und beraten werden sollte, waren allen voran Veranstaltungsrecht (81%) und Finanzierung (80%). Mit etwas Abstand folgte die Organisation von Veranstaltung außerhalb von Clubs. An Themen der sozialen Verantwortung – Anrainer*innen zu 53%, ökologische Nachhaltigkeit zu 50%, Rassismus und sexualisierte Gewalt zu 50% – gab es ebenfalls ein starkes Interesse.

Schallschutz befand sich ebenfalls im Mittelfeld, obwohl er das am meisten verbreitete Problem lösen könnte. Viele Betreiber*innen können sich kostspieligen Schallschutz also wohl nicht leisten.

Über die Umfrage:

Sie wurde von der KMU Forschung überprüft und ausgewertet. Abgefragt wurden:

  • Ästhetische und kulturelle Dimension
  • Wirtschaftliche Dimension
  • Soziale Dimension
  • Erfahrungen mit Servicestellen, Behörden und Politik
  • Wünsche zu den Aufgaben der Vienna Club Commission

In Wien kann von mindestens 320 Musikspielstätten – davon 100 Clubs – gesprochen werden (Stand März 2021). Die Zahl der Veranstalter*innen ist deutlich schwieriger abzugrenzen. Die Bedarfserhebung wurde im Juni 2020 an 370 Musikspielstätten und Veranstalter*innen verschickt, die Rücklaufquote von 18,4% gewährleistet die Repräsentativität.

Allgemeine Informationen zu den Befragten:

  • 79% der Befragten sind männlich, 18% weiblich, 3% nicht binär (Zahlen gerundet)
  • 62% der Befragten sind länger als 10 Jahre im Nachtleben tätig

Allgemeine Informationen zu den Locations:

  • 78% der befragten Locations gibt es länger als 5 Jahre, 72% sogar länger als 10 Jahre
  • Zwei Drittel der Locations haben Anrainer*innen in 20 Metern Entfernung
  • 46% der Locations empfangen jeweils bis zu 500 Gäste pro Woche und 52% empfangen zwischen 500 - 1500 Gäste pro Woche
  • 51% der Veranstalter*innen veranstalten länger als 10 Jahre und zu 91% in Clubs, gefolgt von Bars und Open Airs mit jeweils 43%
  • 58% haben bis zu 500 Gäste pro Veranstaltung und 20% mehr als 1000

Ergänzende Zahlen und Daten:

Wirtschaftliche Dimension

Locations verfolgen zu mehr als 50% eine Gewinnerzielungsabsicht, bei den Veranstalter*innen sind es lediglich 29%.

Ästhetische Dimension 

Bei den Bookings wird darauf geachtet, dass männliche und weibliche Künstler*innen gleichermaßen berücksichtigt werden; dabei achten Frauen tendenziell mehr darauf, männliche und weibliche Künstler*innen gleichermaßen zu berücksichtigen.

In den Locations dominieren Hip Hop (66%), Rock (61%), Techno (61%) und Jazz (59%), bei den Veranstalter*innen Techno (72%) gefolgt von Hip Hop (52%), Rock (35%) und Jazz (34%).

Probleme mit Behörden

  • 40% hatten Probleme mit den Behörden wegen Lärm aus der Location / Veranstaltung
  • 34% wegen Lärm vor der Location (z.B. Raucher*innen)
  • Die anderen Problembereiche (wie z.B. Müll, Drogen oder sexuelle Belästigung) führten deutlich weniger zu Problemen mit Behörden

Sonstige Probleme

  • 33% Gäste an der Tür stellen das größte Problem für Betreiber*innen und Veranstalter*innen dar
  • 7% haben Probleme mit sexueller Belästigung und Gewalt sowie Homophobie.
  • 1% hat Probleme mit Rassismus unter den Gästen

Neues Wiener Veranstaltungsgesetz (in Kraft getreten am 1.12.2020)

  • Im Juni 2020 kannte nur ein Drittel das neue Veranstaltungsgesetz
  • 58% kennen das Gesetz nicht und hätten gerne mehr Informationen

Magistrate, Behörden und Servicestellen

  • Generell verfügen alle abgefragten Institutionen über einen hohen Bekanntheitsgrad.
  • Am bekanntesten sind: Amtsarzt, Beratungsangebote der WKO Wien, MA 48, MA 7, MA 36, MA 59, Drogenberatungsstelle checkit!

Die Bedarfserhebung wurde unter der Leitung von Laurent Koepp unter Mitarbeit des Pilotprojektteams erstellt. Die KMU Forschung begleitete die Bedarfserhebung wissenschaftlich und wertete die Ergebnisse aus.

Die Vienna Club Commission befasst sich im
Auftrag der Wiener Geschäftsgruppen:

– Kultur und Wissenschaft
– Finanzen, Wirtschaft, Arbeit
   und 
Internationales
– Bildung, Jugend, Integration
   und Transparenz

Hauptfördergeberin

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