Nach der Causa Acoustic Lakeside Festival: Wann gilt ehrenamtliche Mitarbeit als Dienstverhältnis – und was bedeutet das im Club- und Veranstaltungskontext?
Kontrolle durch die Finanzpolizei
Beim Acoustic Lakeside Festival kam es 2023 zu einer großangelegten Kontrolle durch die Finanzpolizei. Diese stufte sämtliche 192 freiwillige Helfer:innen – tätig u. a. bei Einlass, Ausschank und Backstage – als nicht angemeldete Dienstnehmer:innen ein, weil sie Verpflegung und einen freien Festivalpass erhielten. Daraus leitete die Behörde eine Meldepflicht bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) ab. Eine Strafe von über 140.000 Euro wurde beantragt, die Bezirkshauptmannschaft setzte diese auf 70.080 Euro herab. Der Verein und die Finanzpolizei legten Berufung ein.
Urteil und Folgen
Das Landesverwaltungsgericht Kärnten beurteilte 14 Fälle im Detail.
Bei 12 Personen wurde die ehrenamtliche Tätigkeit anerkannt – etwa weil sie bereits länger Vereinsmitglieder waren oder sich mit dem Vereinszweck identifizierten. Verpflegung und Eintritt wurden nicht als Entgelt gewertet. Nur bei 2 Helfer:innen blieb die Strafe bestehen. Insgesamt wurde die Strafe auf 1.400 Euro reduziert. Die Finanzpolizei legte Revision beim Verwaltungsgerichtshof ein.
Dieser Fall hat Kulturarbeiter:innen und Veranstalter:innen in Österreich aufhorchen lassen. Im Zentrum stand die Frage: Wann gilt ehrenamtliches Engagement als Dienstverhältnis – und was bedeutet das auch im clubkulturellen Kontext? Um diese Frage zu beantworten, haben wir eine Checkliste an Kriterien konzipiert.
Wichtige Kriterien für Ehrenamt
Damit Tätigkeiten nicht als Arbeitsverhältnis gewertet werden, sollten folgende Punkte beachtet werden:
- Die Hilfe erfolgt freiwillig, unentgeltlich und aus idealistischen Gründen.
- Die Person kennt und unterstützt den Vereinszweck.
- Alle Vereinsmitglieder müssen den Vereinszweck glaubhaft beschreiben können – etwa als Förderung von Kunst und Kultur im Bereich der Clubkultur und Organisation von kulturellen Veranstaltungen.
- Eine laufende Vereinsmitgliedschaft ist vorteilhaft – idealerweise als Ganzjahresmitgliedschaft, nicht nur projektbezogen bzw. am Tag der Veranstaltung eingetragen
- Ein freier Zugang zum Festival für alle Vereinsmitglieder kann hilfreich sein, um den Gemeinschaftscharakter zu unterstreichen.
- Eine Unentgeltlichkeitserklärung schafft zusätzliche Absicherung.
- Die Erstellung von Einsatzplänen (nicht: Schicht- oder Arbeitsplänen!) ist wichtig, um die ehrenamtliche Natur des Engagements zu dokumentieren. Das richtige Wording kann im Ernstfall entscheidend sein.
Ehrenamtliches Engagement beim Vereinsfest (z. B. ein Festival)
Das Vereinsfest wird im Wesentlichen von den Mitgliedern des Vereins oder deren Angehörigen getragen. In einem unwesentlichen Ausmaß dürfen auch Nichtmitglieder mithelfen – vorausgesetzt, ihre Engagement erfolgt ebenfalls unentgeltlich, wie bei den Vereinsmitgliedern. Damit bleibt das Vereinsfest in der ideellen Tätigkeit des Vereins verankert und wird steuerlich begünstigt behandelt.
Weitere rechtliche Hinweise und steuerliche Informationen zum Vereinsfest sind in der offiziellen Broschüre „Vereine und Steuern“ der WKO zu finden:
Steuerliche Anerkennung durch die kleine Freiwilligenpauschale
Mit der Einführung der Freiwilligenpauschale wurde eine gesetzlich verankerte Möglichkeit geschaffen, freiwilliges Engagement in gemeinnützigen Vereinen steuerfrei anzuerkennen. Das sogenannte kleine Freiwilligenpauschale erlaubt es, bis zu 30 € pro Kalendertag und maximal 1.000 € pro Kalenderjahr pro Person steuerfrei auszuzahlen – vorausgesetzt, es handelt sich um tatsächlich ehrenamtliche Tätigkeit ohne vertragliche Verpflichtung und ohne Begründung eines Dienstverhältnisses.
Voraussetzungen:
- Die Organisation ist gemeinnützig im Sinne des § 5 KStG.
- Die Tätigkeit erfolgt in der ideellen Vereinssphäre oder einem unschädlichen Hilfsbetrieb.
- Die Zahlung dient ausschließlich als Anerkennung und basiert auf Freiwilligkeit.
Wichtig: Die Pauschale darf nicht als Ersatz für eine reguläre Entlohnung verwendet werden. Sobald Merkmale eines Dienstverhältnisses (z. B. Weisungsgebundenheit, fixe Arbeitszeiten, Lohnkonto) vorliegen, kann Sozialversicherungspflicht entstehen.
Verhalten bei einer Kontrolle
Im Fall einer Kontrolle durch die Finanzpolizei gilt:
- Ruhe bewahren.
- Es besteht grundsätzlich das Recht, Ausweis und Namen der Einsatzleitung zu verlangen und Fragen zum Ablauf und zu den Rechtsfolgen zu stellen.
- Eine rechtliche Vertretung (z. B. Anwält:in oder Steuerberatung) kann hinzugezogen werden.
- Die Finanzpolizei hat Betretungsrecht, aber kein Durchsuchungsrecht.
- Es ist ratsam, die Amtshandlung zu dokumentieren, um später einen besseren Überblick zu haben.
- Niederschrift prüfen und kopieren lassen – bei Unklarheiten muss diese nicht sofort unterschreiben werden
Hinweis zu regionalen Unterschieden
Grundsätzlich handelt es sich bei der Beurteilung ehrenamtlicher Tätigkeiten immer um eine Einzelfallbetrachtung. Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt keine rechtliche Beratung. Es gibt keine Garantie oder Gewähr. Die Versicherungen in manchen Bundesländern vertreten aktuell eine strengere Auslegung als in anderen Regionen Österreichs. Im Zweifelsfall sollte daher unbedingt vorab Rücksprache mit der ÖGK oder rechtlicher Beratung gehalten werden.
Zusatz: Familienangehörige als Freiwillige im Betrieb
Bei ehrenamtlicher Mitarbeit von Ehepartner:innen, Lebensgefährt:innen oder Kindern wird nicht automatisch ein Dienstverhältnis unterstellt. In vielen Fällen liegt eine sogenannte familienhafte Mitarbeit vor – vorausgesetzt, es erfolgt keine Bezahlung oder geldwerte Zuwendung. Auch hier zählt der Einzelfall. Die Mitarbeit muss unentgeltlich, freiwillig und im Rahmen eines familiären oder partnerschaftlichen Beistandsverhältnisses erfolgen. Eine schriftliche Unentgeltlichkeitserklärung kann auch hier zur rechtlichen Absicherung beitragen.